Kurzbeschreibung: Wie haben Sie sich dem Thema Bloomsbury angenähert? Inwieweit ist die Romanhandlung authentisch, und wie nahe kommen Ihre Figuren den tatsächlichen Menschen von damals? Es gibt wohl kaum einen Freundeskreis, aus dem so viel biografisches und autobiografisches Material hervorgegangen ist wie aus der Bloomsbury Group, schließlich waren sie fast alle Literaten, schrieben eifrig Briefe und Tagebücher, wurden berühmt wie Lytton Strachey, Maynard Keynes oder auch Duncan Grant oder sogar, wie im Falle Virginias, zu Ikonen stilisiert. Ich hatte mir historisch-biografische Treue auf die Fahne geschrieben und wollte diesen Menschen so gerecht wie nur möglich werden. Doch die Fülle an (auto-)biografischem Material ist Fluch und Segen zugleich. Es gilt, aus der historischen Rohmasse genau die Szenen und Ereignisse herauszufiltern, die sich zu einer packenden Romanhandlung verarbeiten lassen, Spannung zu erzeugen, ohne die belegten Fakten zu verdrehen. Bloomsbury hat es mir leicht gemacht, denn das Leben dieser Menschen war so angefüllt mit Konflikten, Drama und Emotion, dass ihr Leben selbst wie ein Roman war. Meine schriftstellerische Aufgabe aber, die Wahrheit zur Fiktion, zu meiner Geschichte werden zu lassen, konnten sie mir nicht abnehmen. Und so sind natürlich all diese Persönlichkeiten, wie sie im Roman auftreten, gefiltert durch meinen Geist, sind ihre Gedanken und Gefühle in letzter Konsequenz auch meine. Ich kann aber versichern, dass alles, was in dieser Geschichte geschieht, der Wahrheit entspricht, keine Figur erfunden ist und nur ich ganz selten aus erzählökonomischen Gründen minimal in den historisch belegten zeitlichen Ablauf eingegriffen habe. Sie beschreiben mit der Bloomsbury Group eine Gruppe schillernder Gestalten, die in einer Welt an einem historischen Wendepunkt lebte. Worin lag für Sie die Herausforderung, über diese Menschen zu schreiben, und was war daran reizvoll? Die Bloomsberries »lebten« nicht nur einfach in einer Zeit des Wandels – sie haben ihn durch ihre Schriften und Werke entscheidend mitbestimmt. Virginia Woolf und ihre Schwester Vanessa haben Teile der geistigen Elite Großbritanniens der damaligen Zeit um sich versammelt. Männer natürlich, oft homosexuell, einer brillanter als der andere. Sie waren Intellektuelle und zugleich Revolutionäre, sie nährten ihre Ideen aus den Schriften der alten Griechen, der klassischen Literatur, waren geprägt vom konservativen Geist ihrer viktorianischen Elternhäuser und lehnten sich zugleich gegen das Althergebrachte auf. Alles, was in der Gesellschaft bis dato als unverrückbar angenommen wurde, stellten sie in Frage: vom Imperialismus bis hin zur Tabuisierung von Sexualität. Darin lag die Herausforderung. Wie den Esprit dieser Bloomsbury-Treffen erzeugen, die Brillanz dieser so unterschiedlichen Menschen greifbar machen mit meinen im Vergleich – wie mir schien – bescheidenen Mitteln? Ich habe oft gezweifelt und war nicht selten verzweifelt. Meine Dialoge brauchten Sprachwitz, litera ..
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