Kurzbeschreibung: Erich Maria Remarque und Erich Kästner, Otto Dix und George Grosz, Alfred Döblin und Joseph Roth, Siegfried Jacobsohn und Kurt Tucholsky, Walter Benjamin und Franz Hessel, Harry Graf Kessler und Siegfried Kracauer, Frieda Riess und Bert Brecht, Erika Mann und Annemarie Schwarzenbach, Walter Gropius und Bruno Taut, Magnus Hirschfeld und Fritz Lang ... Es muss doch ein Vergnügen sein, als Recherchereservoir eine solche Armada kultureller Größen vorzufinden, oder? Sicher, die kulturelle Kreativität explodierte, fünfzehn Jahre Weimarer Republik waren so reich wie eine ganze Epoche. Aber letztlich waren das auch nur Menschen. Bei aller bewundernswerten Größe muss man sagen: Eine Nummer kleiner wäre manchmal noch besser gewesen. Der Größenwahn und der Radikalismus sind Grundprobleme dieser Jahre. Als Gegengift verordnete man sich einen unnachahmlich lakonischen, skeptisch-witzigen Ton, den vor allem die schreibenden Frauen beherrschten. Gabriele Tergit, Irmgard Keun, Ruth Landshoff-Yorck und Helen Hessel, um nur einige zu nennen. Ihr Sound war das wertvollste Gewürz in der Suppe. Die Weimarer Republik, "überraschend heutig und dann doch wieder auf bizarre Weise fremd" ... Was glauben Sie, liegt die Faszination des dramatischen Zwischenkriegsjahrzehnts, wie sie zuletzt das filmische Großprojekt "Babylon Berlin" in Szene gesetzt hat, gerade in dieser schillernden Uneindeutigkeit? Vieles, was uns heute ausmacht und normal erscheint, wurde damals frisch entwickelt, war avantgardistisch, umkämpft, skandalisiert, mit hochfliegenden Erwartungen verbunden. Die Haarmode, die Tanzstile, die Bauhausästhetik, das Flachdach – alles wurde zum politischen Programm, zum Befreiungsschlag für die einen, zur unerträglichen Provokation für die anderen. Es ist faszinierend zu erleben, aus welchen Umbrüchen, welchen Kämpfen, welchen Träumen unsere Art zu leben hervorgegangen ist. Und mit wie viel Enttäuschungen sie verbunden war. Die Vergnügungsparks, Varietés und Tanzpaläste waren Hotspots der "Neuen Zeit". Ekstatische Musik, wilde Tänze, Stars wie Isadora Duncan, Lilian Harvey und Josephine Baker. Wie lässt sich der obsessive Körperkult dieser Jahre erklären? Der "Neue Mensch" war schlank, stark, schön, kerngesund und möglichst jung. Mehr Freiheit führte auf dem Gebiet der Partnersuche automatisch zu mehr Konkurrenz. Dass Männer von Frauen plötzlich neugierig gemustert wurden, dass man auch ihren Körper abschätzend betrachtete, war für viele der Mannsbilder alten Schlages ein Skandal, eine ungeheure Kränkung. Manche Männer kultivierten ihre Sorglosigkeit im Hinblick auf ihr Aussehen aus Protest umso mehr, zeigten demonstrativ ihre entstellenden Schmisse und ihre Stiernacken, andere machten sich an die Arbeit. Fitness wurde zum Kulturgut erhoben, schwitzend begab man sich auf die berühmten "Wege zu Kraft und Schönheit". Am Ende seien der jungen Weimarer Republik ihre wichtigsten Ressourcen ausgegangen, Zuversicht und Zukunftsoptimismus. Gab es so etwas wie einen Kipppun ..
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